2.2.1 Mythologische Geschichten als Anlass
2.2.1 Mythologische Geschichten bilden den Anlass zu religiösen Kultur-Kämpfen
In Unkenntnis (oder in bewusster Missachtung?) dieser Sachverhalte und der vernünftigen sokratischen Position werden seit Jahrtausenden bis in die heutige Zeit hinein die erwähnten Geschichten zuweilen als unantastbare Heiligtümer betrachtet. Sie werden immer wieder zum Anlass genommen, Menschen zu verfolgen, zu diffamieren, anzugreifen, zu bekämpfen und umzubringen. Denn diese Geschichten bilden Grundlagen von Kultur-, Identitäts- und Religionsgemeinschaften. Deren unterschiedliche Positionen ergeben sich vor allem daraus, dass aus diesen Geschichten Schlussfolgerungen gezogen wurden im Hinblick darauf, wie der Mensch beschaffen sei und wie er sich zu verhalten habe. Daraus entwickelten sich Vorstellungen eines angemessenen menschlichen Miteinanders- und Gegeneinanders.
Zur Regelung dieses Mit- und Gegeneinanders sind jeweils regional-eigenartige Rechtssysteme und juristische Maßnahmen entsprechend konkreten historischen Entwicklungen entstanden, so z.B. recht unterschiedliche in den einzelnen Kantonen der Schweiz. Auch zwischen den einzelnen deutschen Bundesländern gibt es Unterschiede, etwa im Schulwesen, und hier von Klasse zu Klasse und von Lehrer zu Lehrer. Dementsprechend ist mit unterschiedlichen Entscheidungen und Regelungen zu rechnen, je nachdem, welche Instanzen, personellen Zusammensetzungen und persönlichen Auffassungen eine entscheidende Rolle spielen.
Derartige regionale, organisatorische und personale Spezialitäten gehen mit etlichen Schwierigkeiten einher, vor allem dann, wenn man sich mit diesen nicht bestens auskennt. Denn, was an einem Ort erlaubt ist, kann woanders streng verboten sein. Es geht schon mit dem Eintritt eines Kindes in den Kindergarten und in die Schule los: Was zuhause erlaubt ist, ist hier möglicherweise unerwünscht und wird deshalb unterbunden. Um solche Schwierigkeiten auszuräumen, wurden übergreifend- universelle Regelungen entwickelt, die überall zweckmäßig funktionieren können. Diese können mithin für alle Menschen in allen Kulturen akzeptabel sind. Das ist z. B. der Fall bei den Kinder- und Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen sowie bei der Struktur des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Hierbei handelt es sich um rein rationale, funktionale, pragmatische Regelungskonzepte, die von allen Schöpfungsmythen sowie historisch-geschichtlichen Entwicklungen und Spezialitäten inhaltlich frei sind.
Aus der vermeintlichen Überzeugung heraus, dass nur das einem selbst gut vertraute Eigene richtig, wahr und (ge-)recht sei, alles davon verschiedene Andere hingegen falsch, un(ge)recht, minderwertig, unwesentlich, zu vernachlässigen oder gar zu liquidieren, lassen sich auf der Basis der historisch zustande gekommenen regional verabschiedeten Rechtssysteme unendliche Rechtsstreitigkeiten mit fragwürdigen Ergebnissen führen, bis hin zu Kriegen zwischen Ländern und Religionskulturen. Es handelte sich hierbei aus der Sicht der Beteiligten stets um „gerechte Kriege“: gerechtfertigt und erforderlich zur Verteidigung der eigenen Rechtsordnung. Besonders aktuell sind hier seit Jahrzehnten die Beziehungen zwischen der jüdisch-christlichen und der moslemischen Welt. Hier könnte sich heutzutage eine Auseinandersetzung wiederholen, die schon zu den Zeiten der Inquisition unendliches Leid über Menschen brachte. Es ist allerhöchste Zeit, sich darüber klar zu werden, inwiefern Schöpfungsmythen-Geschichten eine geeignete oder untaugliche Basis liefern, um soziale Ordnungen, gesetzgeberische Handlungen sowie juristische Vorgehensweisen zu entwickeln und zu rechtfertigen.