3.1 Naturgesetze, Naturwissenschaft und Psychologi
3.1 Naturgesetze, Naturwissenschaft und die Fragestellungen der Psychologie
Die Naturgesetze wirken (und gelten) völlig unabhängig vom Menschen. Ihnen entsprechend laufen alle Prozesse, auch die geschichtlichen, im Kosmos ab.
Um sich hier zweckmäßig orientieren zu können, studierten Menschen die Naturabläufe und formulierten aufgrund ihrer Erfahrungen ihre Beobachtungen im Rahmen der Naturwissenschaften. Die Naturwissenschaften sammeln und ordnen (systematisieren) das menschliche Wissen über die Natur. Ergebnisse solchen Sammelns und Ordnens haben Menschen in den von ihnen formulierten naturwissenschaftlichen Theorien öfters mit mathematischen Formeln zu beschreiben versucht. Diese Theorien wurden mit dem Anspruch entwickelt, die Naturgesetze möglichst genau zu beschreiben bzw. abzubilden. Wenn weitere Befunde hinzukamen, wurde es immer wieder erforderlich, neue Theorien zu entwickeln, die auch zu diesen Befunden passten. So veränderten sich allmählich die naturwissenschaftlichen Theorien. Mit ihnen veränderte sich auch das menschliche Bild von der Natur und ihren Eigenarten. Die Befunde von Kopernikus (1473 – 1543), Galilei (1564 – 1642) und Kepler (1571 – 1630) veränderten das menschliche Weltbild grundlegend und besonders eindrücklich, ebenso die von Einstein (1879 – 1955) und Heisenberg (1901 – 1976). Der Wissenschaftstheoretiker Thomas S. Kuhn spricht angesichts derartiger Entwicklungen von „wissenschaftlichen Revolutionen“.
Eine weitere derartige wissenschaftliche Revolution hat Anfang des 20. Jahrhunderts begonnen und wirkt sich gegenwärtig weltweit aus. Milliarden Menschen auf dieser Erde haben das offensichtlich noch nicht bemerkt. Sie wurde eingeleitet, als die ersten Forscher damit begannen, den Menschen und sein Verhalten, Empfinden und Handeln mit naturwissenschaftlichen Methoden zu erforschen. Wilhelm Wundt (1832-1920) und Ivan P. Pawlow (1849 - 1936) gelten hier als Pioniere. Die experimentell-naturwissenschaftliche Psychologie entstand. Sie trägt jetzt mit ihren Befunden dazu bei, dass sich das menschliche Weltbild erneut grundlegend verändert. Das wirkt sich auf alle universitären Fachdisziplinen und deren Selbstverständnis aus.
Die internationale Universitäts-Psychologie erforscht
mit objektiven geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Methoden
die Funktionsweise des Menschen in
1. seinem Körper und Verhalten, in
2. seinen Gefühlen und inneren Stimmungen (=Erleben und Körpersignalen), in
3. seinen Gedanken und Vorstellungen
auf der Grundlage seiner durch Lernen erworbenen Informationen und Kenntnisse, in
4. seinen Bedürfnissen,
aus denen sich seine Grundorientierungen und Handlungstendenzen,
seine Normen, Werte und Motivationen, sein Wollen, ergeben und
5. in seinem Bewusstsein,
das sich auf die besonderen Eigenarten
seiner unverwechselbaren individuellen Einzigartigkeit bezieht.
Diese Einzigartigkeit zeigt sich in
seinen persönlichen Interessen und Begabungen,
in seinen Rollen und Aufgaben,
in seinen Möglichkeiten und Grenzen,
in seinen Stärken und Schwächen
sowie in seinen Rechten und Pflichten.
Im Rahmen seiner Eingebundenheit in seine biologische Umwelt,
die alles umfasst, was im Kosmos existiert und geschieht,
ergeben sich diese
aus seiner Verantwortung und Bestimmung/Berufung,
das ihm Bestmögliche zu tun und zu leisten
für sich selbst, das Allgemeinwohl und die Ökologie
sowie – nachhaltig – zugunsten optimaler Voraussetzungen allen zukünftigen Lebens.
Die eigene Verantwortung und Bestimmung/Berufung
zeigt sich ihm mit besonderer Eindrücklichkeit,
wenn er die Lebensqualität betrachtet,
die er seinen Kindern aus ganzem Herzen wünscht:
Diese sollen es möglichst besser haben als er selbst.
Ihnen wünscht er,
dass ihnen keinerlei Schaden widerfahre:
Möge ihnen vollendete Glückseligkeit zuteilwerden bis hin zu ihrem Lebensende.
So ist der Mensch von Natur aus veranlagt.
Möglicherweise steckt etwas Wahres in dem Bibel-Satz:
„Als Gott den Menschen erschuf, machte er ihn gemäß dem Bilde Gottes - gottebenbildlich.“ (Genesis 1,26f sowie Gen. 5,1) http://de.wikipedia.org/wiki/Gottebenbildlichkeit
Dem entsprechend erscheint der Mensch, wenn man ihn denn in religiösen Kategorien betrachten möchte, eher als gottebenbildlich als von teuflischen Mächten bestimmt. Wenn er oft anders gesehen und eingeschätzt wurde, so hatte das vielfältige Ursachen. Zu diesen gehört unter anderem, dass Menschen oft unter menschenunwürdigen Bedingungen gelebt haben und sich deshalb wie Bestien verhielten.
Um menschenunwürdigen Bedingungen Einhalt zu gebieten, wurden die Grundrechte im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als unmittelbar geltendes Recht verankert, das über allem anderen (staatlichen) Recht steht. Als „unantastbar“ wird die menschliche Würde genau deshalb bezeichnet - weil niemand und kein Gesetz sie antasten (schädigen, missachten) soll. Folglich müssen gesetzlich vorgesehene Grundrechtseinschränkungen, wie sie z.B. in Katastrophenfällen vorübergehend unvermeidlich sein können, im sie einschränkenden Gesetz ausdrücklich genannt werden. Siehe hierzu auch das Zitiergebot in Art. 19 GG.
Der Psychologie als empirischer Wissenschaft vom menschlichen Verhalten und Erleben fällt im Hinblick auf die Achtung und den Schutz der Menschenwürde (Art. 1 GG) eine Schlüsselfunktion zu:
„Wenn man von dem gesellschaftlichen Auftrag einer Wissenschaft sprechen kann, so liegt jener der Psychologie in der Verpflichtung zu dem unermüdlichen Hinweis auf die Komplexität und Differenziertheit menschlichen Verhaltens und Erlebens. Angesichts der Leichtfertigkeit, mit der viele Repräsentanten unserer Gesellschaftsordnung psychologische Probleme zu sehen und zu lösen gewohnt sind, gehören zu der Erfüllung dieser Aufgabe sowohl Mut als auch Sachkenntnis.” (Thomae, H. und Feger, H.:, Einführung in die Psychologie 7, Akad. Verlagsges.1976, S. 4.)