3.2 Geschichtliche Grundlagen
3.2 Geschichtliche Grundlagen der heutigen naturwissenschaftlichen Psychologie
Selbstverständlich gehörte zu der von Juden und Christen betriebenen psychologischen Forschung die gründliche Klärung der Auswirkungen menschlichen Glaubens an göttliche Wesenheiten. Hierzu wurden auch Untersuchungen durchgeführt, die die symbolische Bedeutung astronomischer Himmelskörper (Planeten) klären sollten. In der Astrologie werden die Planeten z.B. mit griechisch-römischen Gottheiten (Mercurius (Merkur), Mars, Venus, Jupiter, Saturnius (Saturn) in Verbindung gebracht, die auf einer symbolisch-analogen Ebene menschliche Eigenarten widerspiegeln können. Seit Jahrtausenden orientieren sich die Menschen am Stand und Verlauf der Planeten am Himmel, vor allem an der Sonne und am Mond. Denn diese geben den Menschen extrem wichtige Hinweise zu Zeitabläufen, vor allem zu den Tages- und Jahreszeiten. Sie ermöglichen ihnen damit zweckmäßige Planungen.
Aus wissenschaftshistorischer Sicht erweisen sich die Astronomie sowie deren „Schwester“, die Astrologie, als die „Mütter“ aller mathematisch-exakten Wissenschaften: Die Positionen der Himmelskörper und deren Beziehungen zueinander lassen sich von allen Orten der Erde aus in objektiv übereinstimmender Weise eindeutig erkennen und beschreiben sowie im Voraus berechnen. Damit definieren sie grundlegende mathematisch-physikalische Begriffe wie die Zeit, die Entfernung, den Raum, die Bewegung, die Beschleunigung, die Übergänge zwischen den grundlegenden Dualitäten wie hell (Tag) und dunkel (Nacht), Ebbe und Flut, ferner die Himmelsrichtungen und die Jahreszeiten. Damit geben sie Koordinaten und Rahmenbedingungen der menschlichen Lebensorientierung („Navigation“) an und ermöglichen zweckmäßige, sinnvolle, weise Entscheidungen und Planungen.
Die Astronomie lieferte der Physik, Logik und Mathematik die wesentlichen Grundlagen. Aus der Astrologie entwickelte sich allmählich die Psychologie als exakte Wissenschaft. Die Astrologie konnte aufgrund von Planetenständen und deren Winkelbeziehungen zueinander Vermutungen (Hypothesen) zu möglichen Gegebenheiten, Ereignissen und Entwicklungen bereitstellen sowie Rahmenbedingungen (Dispositionen, Voraussetzungen, Wahrscheinlichkeiten) zu deren Eintreten angeben. Sie lieferte damit das Gerüst zur naturwissenschaftlichen Theorienbildung und Hypothesenprüfung.
Inhaltlich entwickelte sich im abendländischen Raum die Psychologie vor allem aus der griechischen Mythologie, den sog. Mysterienspielen, in denen Götter und Halbgötter etliche Konflikte miteinander austrugen. Diese spiegelten inner- und zwischenmenschliche Konflikte wider – anhand analoger Strukturen. Insofern konnte sich auch hier menschliche Gottähnlichkeit zeigen.
Die Götterwelt Griechenlands entspricht der indischen Götterwelt insofern, als in diesen beiden Kulturen eine Gottheiten-Vielfalt gegeben ist, die mit Konflikten unter den Gottheiten einherging. Deren Betrachtung ermöglichte es, Entscheidungsprobleme, Konflikte und diverse Umgangsmöglichkeiten mit diesen als normale menschliche Alltagsereignisse zu thematisieren. Hier dürfte ein Grund dafür liegen, dass Griechenland als dasjenige Land erscheint, in dem die öffentliche politische Diskussion und die Demokratie „erfunden“ wurden.
Dem gegenüber begünstigte in der ägyptisch-jüdisch-christlich-moslemischen Tradition der Glaube an nur einen Gott als Schöpfer und Herrscher (Monotheismus) tendenziell eher diktatorische Formen der Gesellschaftsorganisation. Hier wurde von den Mächtigen, den Schriftgelehrten und anderen, die gottgleich gerne Macht über andere ausüben wollten, der Gott des Alten Testaments als jemand aufgefasst und dargestellt, der angeblich stets unbedingten Gehorsam erwartete und keine menschliche Freiheit ihm gegenüber duldete. Dabei wurde zu wenig erkannt und betont, dass der jüdisch-christliche Gott sowohl im Alten wie im Neuen Testament immer gezeigt hatte, wie wichtig es ihm ist, dass seine Erwartungen befolgt werden und auch aufgrund gegebener Berechtigung übertreten werden können, sollen und müssen: Einerseits hatte er (wie Saturn) fürsorgliche Strenge gezeigt, andererseits (wie Jupiter) stets Toleranz und Verständnis gegenüber sinnvollen Übertretungen seiner Erwartungen und Gebote.
Leicht und zweckmäßig können sich am göttlichen Willen alle Menschen orientieren, die ihren inneren Impulsen, Wahrnehmungen und menschlichen Bedürfnissen vertrauen und folgen –in liebevoller Achtsamkeit und Rücksichtnahme aufeinander. Angesichts verbreiteter andersartiger Orientierungen kann das ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen erfordern. Um dieses zu fördern, sehen sich Psychotherapeuten immer wieder mit ihren Patienten/Klienten vor der Aufgabe, Abhängigkeits-Autonomie-Konflikte zu bearbeiten. Sie ermuntern dazu, sich aus fragwürdig gewordenen kindlichen, sozialen, wirtschaftlichen oder juristischen Abhängigkeiten heraus zu begeben und mehr das zu tun, was ihnen persönlich gemäß ist. Damit treten Psychotherapeuten unablässig für die Verwirklichung der Grund- und Menschenrechte ihrer Klienten/Patienten ein.
In der europäischen Antike war es selbstverständlich gewesen, dass sich „kluge“ Könige und Kriegsherren von Astrologen (Sterndeutern) beraten ließen. Um das Volk ungestört führen (regieren) zu können, wurde die Astrologie diesem gegenüber vielfach als „Irrlehre“ dargestellt. Damit sollte verhindert werden, dass die Orientierung der Herrschenden im Vorhinein von anderen erkannt, durchschaut und unterlaufen werden konnte. Auch komplizierte Sprache und eigentümliche Begriffe und Bedeutungen dienten diesem Zweck. Sie erschweren zu erkennen, „was Sache“ ist. „Kluge“ Herrschende haben sich der „Wissenschaft“, vor allem der Astrologie und der Psychologie, immer wieder zu bedienen gewusst, um optimal vorzugehen. Zuverlässiges Wissen begünstigt Erfolg. So wurden die Künste und Wissenschaften immer wieder von Herrschenden genutzt – mal zugunsten ihrer eigenen persönlichen Vorteile, mal zugunsten des Allgemeinwohles.
Wenig Erfolg ist dann zu erwarten, wenn diejenigen, die in leitenden Funktionen tätig sind, von den maßgeblichen Wissenschaften zu wenig verstehen oder kurzsichtig im bevorzugten Blick auf finanzielle Renditen oder Wiederwahlchancen ignorieren, was ihnen kompetente Wissenschaftler als Orientierungshilfen anbieten - so, wie es in der modernen Bundesrepublik Deutschland allzu üblich geworden ist. Vgl. Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule zwischen dem Anspruch des Grundgesetzes und der Wirklichkeit